Das Restschuldbefreiungsverfahren bietet in diesem Falle für überschuldete Privatpersonen eine Chance auf einen wirtschaftlichen Neuanfang.
Ist der Schuldner nämlich eine natürliche Person, kann er auf Antrag für die noch verbleibenden Schulden Restschuldbefreiung erlangen. Dabei hat er eine "Wohlverhaltensperiode" zu absolvieren. Zugleich mit dem Antrag muß er den pfändbaren Teil seines Einkommens (bei wirtschaftlich Selbstständigen die einem Arbeitseinkommen vergleichbaren Einkünfte) an einen Treuhänder abtreten.
"Wohlverhaltensperiode" ist kein gesetzlicher Begriff aus der Insolvenzordnung. Das Gesetz spricht von der "Laufzeit der Abtretungserklärung", § 295 I InsO. Der Begriff "Wohlverhaltensperiode" trifft aber die Sache anschaulich.
Wer eine Restschuldbefreiung erlangen will, muss über einen Zeitraum von sechs Jahren bestimmte Pflichten – Obliegenheiten – erfüllen.
Diese Pflichten dienen dazu, den Gläubigern nach Kräften eine Befriedigung ihrer Forderungen zu verschaffen, denn im Falle einer späteren Restschuldbefreiung verlieren sie den restlichen Teil ihrer Forderungen. Diejenigen Schuldner, die sich unredlich verhalten, z. B. Gelder an dem Treuhänder vorbei selbst vereinnahmen oder vorwerfbar keine Arbeit aufnehmen, können keine Schuldbefreiung erlangen. Eine Schuldbefreiung steht nur "redlichen" Schuldnern offen, §1 S. 2 InsO. Deshalb kann man in diesem Zusammenhang auch von "Wohlverhalten" sprechen.
Im Schlusstermin des Insolvenzverfahrens entscheidet das Gericht erstmals über die Fortführung des Restschuldbefreiungsverfahrens.
Eine Versagung kommt in Betracht, wenn ein Schuldner zu Beispiel:
wegen einer Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt worden ist;
in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach Stellung des Antrages schuldhaft falsche Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um Kredite zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Kassen beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen vermeiden;
in den letzten 10 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits Restschuldbefreiung erhalten hat oder versagt worden ist;
im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag unangemessene Schulden gemacht oder Vermögen verschwendet hat;
während des Verfahrens schuldhaft Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten verletzt hat;
schuldhaft in Verzeichnissen hinsichtlich des Einkommens bzw. Vermögens oder der Gläubiger oder der gegen ihn gerichteten Forderungen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat.
Erfolgt eine Versagung, kann vor Ablauf von zehn Jahren kein neuer Restschuldbefreiungsantrag gestellt werden.
Liegen keine Versagungsgründe vor, und wird das Insolvenzverfahren aufgehoben. Es läuft die Wohlverhaltensperiode weiter.
Während der Dauer der Wohlverhaltsperiode können Gläubiger jedezeit die Versagung der Restschuldbefreiung beantragen.
Wenn Obliegenheiten verletzt wurden oder Insolvenzstraftaten begangen wurden, kann das Gericht das Restschuldbefreiungsverfahren vorzeitig beenden und die Restschuldbefreiung versagen.
Nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode entscheidet das Insolvenzgericht abschließend über die Restschuldbefreiung.
Auch hier können die Gläubiger noch einmal die Versagung der Restschuldbefreiung beantragen.
Mit der Erteilung der Restschuldbefreiung ist der Schuldner von seinen Schulden befreit.
Von der Erteilung der Restschuldbefreiung ausgenommen sind:
Die Verbindlichkeiten aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, sofern der Gläubiger die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 II InsO angemeldet hat.
Geldstrafen und die diesen in § 39 I Nr. 3 InsO gleichgestellten Verbindlichkeiten;
Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden.
Die Restschuldbefreiung kann nachträglich widerrufen werden, wenn sich herausstellt, dass der Schuldner Obliegenheiten verletzt hat und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger erheblich beeinträchtigt hat.
Fazit:
Der Weg durch das Restschuldbefreiungsverfahren ist langwierig und nicht ohne Stolperfallen. Wer sich dafür entscheidet muß vieles beachten. Eine fachkundige Begleitung durch das Verfahren ist in jedem Fall ratsam, da es oft erforderlich ist, die Situation des Schuldners und seiner Familie in einem rechtlichen Gesamtkontext zu betrachten, in dem auch familienrechtliche, arbeits- und geschellschaftsrechliche aber auch erbrechtliche Aspekte eine Rolle spielen.